Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie für Kinder und Jugendliche

Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten, Schwerpunkt tiefenpsychologisch fundierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, am Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Kassel e.V. (in der Fassung vom 30.11.2017)

Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (KJP) orientiert sich an den „Vereinbarten Grundanforderungen“ der „Sektion Ausbildung des VAKJP“, ehemals „Ständige Konferenz der Ausbildungsstätten für analytische Kinder und Jugendlichen-Psychotherapeuten in der Bundesrepublik Deutschland.“  Sie erfüllt die Bedingungen des § 8 des Psychotherapeutengesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I, S. 1311) und erbringt die Grundlage für die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut.

Ziel der Ausbildung zum KJP ist die Befähigung, analytische Psychotherapie und analytisch begründete tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (als „verklammerte Ausbildung“) oder die analytisch begründete tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen und psychosomatischen Störungen und die dazugehörende Beratung der Beziehungspersonen durchzuführen. Im Folgenden wird die Ausbildungsordnung für tiefenpsychologisch fundierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten dargestellt.

1. Zulassung

Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten setzt ein abgeschlossenes Hochschulstudium als PädagogIn, SozialpädagogIn, PsychologIn gemäß §5 des PsychThG oder als Arzt/Ärztin voraus.[1] Außerdem wird eine in der Regel dreijährige berufliche Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gefordert.

Die persönliche Eignung des Bewerbers ist bei Erfüllung der formalen Voraussetzungen ausschlaggebend. Sie wird in einem besonderen Auswahlverfahren festgestellt

Die Ausbildung dauert mindestens 5 Studienjahre und umfasst mindestens 4200 Stunden. Sie gliedert sich in Praktische Tätigkeit, Selbsterfahrung, wissenschaftlich-theoretischen Teil und wissenschaftlich-praktischen Teil.

[1] Vgl. § 3.1 der Grundanforderungen der Sektion Ausbildung der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Deutschland (VAKJP). Das abgeschlossene Fachhochschulstudium bzw. Hochschulstudium als Sozialpädagoge grad., Diplomsozialpädagoge oder Diplompädagoge, Diplom-Psychologe mit dem Schwerpunkt „Klinische Psychologie“ entsprechen dieser Anforderung. Zur Zeit werden in Hessen auch Bachelor-Abschlüsse in Pädagogik zugelassen. Wünschenswert und zukünftig wohl die Regel ist allerdings der Master-Abschluss. Das Kasseler Institut erkennt neben dem Master den staatlich anerkannten Sozialpädagogen an.

2. Praktische Tätigkeit

Die Praktische Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Ziffer 1 KJPsychTh-APrV (PTI) dient dem Kennenlernen von Störungen mit Krankheitswert und deren Behandlung und umfasst:

  1. Mindestens 1200 Stunden über den Zeitraum von mindestens einem Jahr sind dabei an einer kinder- und jugendpsychiatrischen klinischen Einrichtung abzuleisten. Höchstens 600 Stunden davon können auch an einer ambulanten kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 KJPsychTh-APrV abgeleistet werden. Auch die ambulante Einrichtung muss über die Weiterbildungsermächtigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie verfügen
  2. Mindestens 600 Stunden der praktischen Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 2, Ziffer 2 KJPsychTh-APrV (PT II) sind über den Zeitraum von mindestens einem halben Jahr an einer Einrichtung abzuleisten, die der psychotherapeutischen oder psychosomatischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen dient (Praxis eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines psychologischen Psychotherapeuten oder eines Arztes, der über die Weiterbildungsermächtigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie verfügt.)

Die Praktika können an einem Stück oder in Abschnitten von jeweils mindestens 3 Monaten abgeleistet werden. Zusammengerechnet müssen die einzelnen Abschnitte eine Gesamtdauer von mindestens einem Jahr (sh.1.) bzw. einem halben Jahr (sh.2.) umfassen. Die Gesamtdauer der Praktischen Tätigkeit von mindestens 18 Monaten darf nicht unterschritten werden.

Während der praktischen Tätigkeit in der kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung ist der Ausbildungsteilnehmer dabei über einen längeren Zeitraum an der Diagnostik und Behandlung von mindestens 30 Kindern und Jugendlichen unter Einbeziehung der bedeutsamen Beziehungs- personen zu beteiligen. Er soll dabei Kenntnisse und Erfahrungen über die akute, abklingende und chronifizierte Symptomatik unterschiedlicher psychiatrischer Erkrankungen erwerben und die Patientenbehandlungen fallbezogen und unter Angabe von Umfang und Dauer dokumentieren.

3. Wissenschaftlich-theoretische Ausbildung Teil A

A. Grundkenntnisse 260 Stunden

1. Entwicklungs- und Persönlichkeitstheorien

Entwicklungs-, sozial-, persönlichkeits- und neuropsychologische Grundkenntnisse normalen und abweichenden Verhaltens im Kindes- und Jugendalter; Trieb-, Struktur- und Objektbeziehungstheorien, Narzissmustheorie, Selbstpsychologie, Traum-theorien; psychoanalytische und tiefenpsychologische Standardwerke und weiterführende Literatur.

2. Konzepte über die Entstehung, Aufrechterhaltung und den Verlauf psychischer und psychisch mitbedingter Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter

2.1 Allgemeine und spezielle Krankheitslehre von Störungen mit Krankheitswert unter Berücksichtigung der wissenschaftlich anerkannten Verfahren

Trauma, Neurotischer Konflikt, Abwehr, Fixierung, Regression, Symptomentstehung.

Übertragung und Gegenübertragung.

Spezielle Krankheitslehre:

Neurosen im Kindes- und Jugendalter, Entwicklungsstörungen in der Ich- und Selbstorganisation (Perversionen, pathologischer Narzissmus, Sucht, Depressionen, Borderline-Fälle, präpsychotische Entwicklung).

2.2  Psychosomatische Krankheitslehre

2.3  Einführung in die Kinder- und Jugendpsychiatrie

Einführung in die kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik: Organische Psychosen, endogene Psychosen, psychoreaktive Störungen, Suizid, Reifungskrisen, Alkohol- und andere Abhängig-keiten, dissoziale Verhaltensweisen und psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten.

3. Methoden und Erkenntnisse der Psychotherapieforschung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Säuglings- und Kleinkindforschung

4. Diagnostik

Technik der Anamnesenerhebung, Interviewtechniken, Diagnostik (z.B. psychodiagnostische Testverfahren und Spielbeobachtung), Einführung in die psychoanalytische Wahrnehmung.

5. Besondere entwicklungs- und geschlechtsspezifische Aspekte der Persönlichkeit, der Psychopathologie und der Methodik der Psychotherapie verschiedener Altersstufen

6. Intra- und interpersonelle Aspekte psychischer und psychisch mitbedingter Störungen in Paarbeziehungen, Familien und Gruppen

7. Prävention und Rehabilitation

8. Medizinische und pharmakologische Grundkenntnisse für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

9. Methoden und differentielle Indikationsstellung wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren

Analytische Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie u.a. Verfahren

10. Dokumentation und Evaluation von psychotherapeutischen Behandlungsverläufen

11. Berufsethik und Berufsrecht, medizinische und psychosoziale Versorgungssysteme, Organisationsstrukturen des Arbeitsfeldes, Kooperation mit Ärzten und anderen Berufsgruppen

12. Geschichte der Psychotherapie

3. Wissenschaftlich-theoretische Ausbildung Teil B 460 Stunden
  1. Theorie und Praxis der Diagnostik

insbesondere Anamnese, Indikationsstellung und Prognose,

       Fallkonzeptualisierung und Behandlungsplanung bei Kindern und Jugendlichen, Einbeziehung der bedeutsamen Beziehungspersonen 

  1. Rahmenbedingungen der Psychotherapie

Behandlungssetting, Einleitung und Beendigung der Behandlung insbesondere im Hinblick auf bestehende Abhängigkeit von Beziehungspersonen 

  1. Therapiemotivation und Widerstand des Kindes oder Jugendlichen und seiner bedeutsamen Beziehungspersonen, Entscheidungsprozesse des Therapeuten, Dynamik der Beziehungen zwischen dem Therapeuten und dem Kind oder Jugend-lichen sowie seinen Eltern oder anderen bedeutsamen Beziehungspersonen im psycho-therapeutischen Behandlungsprozess
  1. Behandlungskonzepte und -techniken der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sowie deren Anwendung in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
  1. Tiefenpsychologische Behandlungstechniken in Kurz- und Langzeitpsychotherapie:

Kasuistik neurotisch gestörter Kinder und Jugendlicher, Technik zu Behandlung von Kindern und Jugendlichen – einzeln und in der Gruppe – , Bedeutung von Traum, Märchen und Phantasie für die Kinder- und Jugendlichenbehandlung, Spiele, bildnerisches Gestalten und szenisches Geschehen in Diagnostik und Therapie, tiefenpsychologische Gesprächsführung mit Eltern und anderen Beziehungspersonen (Einzelberatung und begleitende Psychotherapie und Einführung in die Familientherapie), Einführung in Modelle und Technik der Gruppenarbeit (Psychodynamik der Familie und der Gruppe), Theorie, Methodik und Indikation tiefenpsychologisch fundierter Verfahren mit Prävention und Rehabilitation 

  1. Krisenintervention bei Kindern und Jugendlichen und den bedeutsamen Beziehungs-personen:

Kurzzeitpsychotherapie einschließlich Krisenintervention und Beratung 

  1. Gesprächsführung mit den Beziehungspersonen des Kindes oder Jugendlichen im Hinblick auf deren psychische Beteiligung an der Erkrankung und im Hinblick auf deren Bedeutung für die Herstellung und Wiederherstellung des Rahmens der Psychotherapie des Patienten
  1. Einführung in die Säuglingsbeobachtung und in den Umgang mit Störungen der frühen Vater-Mutter-Kind-Beziehung
  1. Ergänzende Kenntnisse:

Einführung in Lerntheorien, Kommunikationstheorien und Verhaltenstherapie sowie autogenes Training. Als „Zweitverfahren“: Psychodrama, Familientherapie, Hypnose und Ähnliches.

Kooperation mit Ärzten, Dipl.-Psychologen im Rahmen der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung einschließlich Antragsstellung, Gutachterverfahren und Abrechnung.

Die Vermittlung von Grundkenntnissen und ihre Vertiefung in Spezialkenntnissen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie in Vorlesungen, Seminaren und praktischen Übungen umfasst mindestens 600 Stunden. Bis zu einem Drittel der Zeit kann in Vorlesungen gestaltet sein. Die Zahl der Teilnehmer an einem Seminar soll 15 nicht überschreiten.

4. Wissenschaftlich-praktische Ausbildung

Im Verlauf der Praktischen Tätigkeit oder im Anschluss daran ist der Kandidat zur Erhebung von tiefenpsychologischen Anamnesen unter Supervision verpflichtet. Vorausgesetzt wird dafür die Teilnahme an den Übungen in tiefenpsychologischer Diagnostik und Anamnesenerhebung. Nach Anfertigung von 5 schriftlich vorgelegten tiefenpsychologischen Anamnesen (davon können 2 bei Erwachsenen (bis zum Alter von 21 Jahren) erhoben sein; mindestens zwei Zweitsichter sind erforderlich) entscheidet der Ausbildungsausschuss auf Antrag über die Zulassung zur weiteren Anamnesenerhebung. Der Bewerber richtet seinen schriftlichen Antrag an den Vorsitzenden des Ausbildungsausschusses KJP und gibt ihm die Namen des Selbsterfahrungsleiters und der Psychotherapeuten bzw. KJP an, denen er in einer Zweitsicht seine untersuchten Patienten vorgestellt hat. Bei positiver Entscheidung wird der Antragsteller Praktikant.

Neben der Teilnahme an theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen sind insgesamt 15 Anamnesen erfolgreich durchzuführen (davon können 3 bei Erwachsenen bis zum Alter von 21 Jahren) erhoben werden, 2 dieser 15 Anamnesen sind im kasuistisch-technischen Anamnesenseminar vorzustellen. Zweitsichten und Vorstellung im kasuistisch-technischen Seminar sind im Studienbuch zu testieren.

Nach 10 erhobenen Anamnesen kann die Zwischenprüfung beantragt und abgelegt werden. Zwei Anamnesen (ab der 9.) können für die eigenen Behandlungsfälle genutzt werden. Weitere Behandlungsfälle können nicht aus den Anamnesen übernommen werden.

Die Anamneseerhebung (11. bis 15. Anamnese) ist bis 2 Jahre nach Ablegung der Zwischenprüfung abzuschließen.

Zwischenprüfung: Vor Übernahme des ersten Behandlungsfalles ist eine mündliche Prüfung (Zwischenprüfung, kostenpflichtig) durchzuführen. In diesem Kolloquium mit mindestens zwei Mitgliedern des Ausbildungsausschusses soll der Kandidat sein Verständnis für die Grundlagen der tiefenpsychologisch fundierten Behandlungsmethode zeigen. Über Einzelheiten informiert ein Merkblatt (siehe Anlage).

Um zur Zwischenprüfung zugelassen zu werden, sind erforderlich:

  1. fortgeschrittene Selbsterfahrung,
  2. aktive Beteiligung an Vorlesungen, Übungen, Seminaren und Kolloquien,
  3. selbständige erfolgreiche Erhebung von mindestens 10 tiefenpsychologischen Anamnesen, die zur Zweitsicht schriftlich vorzulegen sind.

Auf schriftlichen Antrag beschließt der Ausbildungsausschuss über die Zulassung zur Zwischenprüfung. Dieser Antrag ist an den Vorsitzenden des Unterrichtsausschusses aKJP zu richten unter Vorlage des Studienbuches und Angaben der Namen der Zweitsichter, Vorlage einer schriftlichen Verpflichtung, die Ausbildungsrichtlinien anzuerkennen und vor seinem Abschlussexamen selbständige psychotherapeutische Behandlungen (Einzeltherapien, Kurzpsychotherapien, Gruppenpsychotherapien sowie Familientherapien) nur unter Kontrolle einer regelmäßigen Supervision (Kontrollanalyse) durchzuführen.

Über das Bestehen der Zwischenprüfung entscheidet der Ausbildungsausschuss. Nach erfolgreicher Zwischenprüfung ist der Kandidat berechtigt, unter Supervision bei einem anerkannten Supervisor zunächst 2 Patienten zu behandeln, von denen einer im kasuistisch technischen Seminar vorgestellt wird.

Bei positiver Entscheidung wird der Weiterbildungsteilnehmer zu weiteren Behandlungen in der Ambulanz des Instituts zugelassen. Insgesamt mindestens 6 Patienten sind tiefenpsychologisch fundiert zu behandeln.

Ausbildung in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie:

Der Kandidat führt mindestens 6 tiefenpsychologisch fundierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapien mit einer Gesamtzahl von mindestens 600 Behandlungsstunden (inklusive der begleitenden Psychotherapie der Beziehungspersonen) durch. Die dazu gehörende begleitende Psychotherapie der Beziehungspersonen muss für wenigstens 60 Stunden nachgewiesen werden. Wenigstens zwei Behandlungsfälle müssen eine Gesamtstundenzahl von 80 Stunden umfassen. Eine Behandlung muss als Kurzzeittherapie abgeschlossen sein. Es sollte möglichst jede Altersgruppe (Kleinkindalter, Latenzkindalter, Adoleszenzalter) und jedes Geschlecht vertreten sein. Die von den Kandidaten durchgeführten Behandlungen werden in ausreichender Frequenz kontrolliert. Bis zum Abschluss der Ausbildung müssen insgesamt 150 Supervisionsstunden nachgewiesen werden. Davon müssen mindestens 50 Supervisionsstunden in Einzelsitzungen durchgeführt werden.

Supervisionen:

Die Supervisionen werden von analytisch / tiefenpsychologisch fundiert ausgebildeten Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen und analytisch / tiefenpsychologisch fundiert ausgebildeten PsychotherapeutInnen, die Kinder und Jugendliche behandeln, durchgeführt. Die SupervisorInnen sind durch das zuständige Organ der Aus- und Weiterbildungsstätte gemäß Psychotherapierichtlinien und Psychotherapievereinbarungen auf der Grundlage der KJPsychTh-APrV, §4 Abs. (3), Satz 1 oder Abs. 4 anerkannt. Die von den KandidatInnen durchgeführten Behandlungen werden bei mindestens drei SupervisorInnen kontrolliert. Bei Gruppensupervisionen soll die Gruppe aus maximal 4 TeilnehmerInnen bestehen.[1]

Die Behandlungen werden in Kurzberichten dokumentiert und dem Ausbildungsleiter bei der Meldung zur Prüfung vorgelegt.

[1] Vgl. § 4.5.5 und 4.5.4 der Grundanforderungen

5. Selbsterfahrung

Die Lehrtherapie ist Grundlage und zentraler Bestandteil der Aus- und Weiterbildung. Die Lehrtherapie begleitet die Ausbildung in tiefenpsychologisch fundierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie kontinuierlich und soll in einer Frequenz von ein bis zwei Stunden wöchentlich durchgeführt werden. Die Wahl des Verfahrens und die Sitzungsfrequenz, in der sie erfolgt, werden durch Absprache zwischen den Ausbildungsteilnehmern und dem Lehrtherapeuten/Selbsterfahrungsleiter nach Maßgabe der Ausbildungs- und Entwicklungs-erfordernisse der Ausbildungsteilnehmer getroffen.

Für die Teilnahme an Anamnesenseminar und Säuglingsbeobachtung wird Lehrtherapie vorausgesetzt.

Dem Leiter des AA ist der Beginn der Lehrtherapie mitzuteilen.

Zwischen dem Lehrtherapeuten/Selbsterfahrungsleiter und dem Ausbildungskandidaten dürfen keine verwandtschaftlichen Beziehungen und keine wirtschaftlichen oder dienstlichen Abhängigkeiten bestehen.

Die von der Ausbildungsstätte anerkannten Lehrtherapeuten/Selbsterfahrungsleiter werden vom Ausbildungsausschuss in Absprache mit dem Lehranalytikergremium ausgewählt und dem Vorstand zur Bestätigung vorgeschlagen. Sie werden der Sektion Ausbildung der VAKJP benannt und von ihr ebenfalls bestätigt.

Die Wahl eines vom Institut anerkannten Lehrtherapeuten steht dem Ausbildungsteilnehmer/der Ausbildungsteilnehmerin frei.

6. Beendigung der Ausbildung

Die Ausbildung wird in der Regel mit zwei Prüfungen abgeschlossen.

  1. a) Abschlusscolloquium am Institut

Der Zugang zu den psychoanalytischen Fachgesellschaften (VAKJP, Institut für Psychoanalyse) setzt in der Regel einen institutsinternen Abschluss voraus. Mit dem Antrag auf Zulassung zur institutsinternen Abschlussprüfung müssen folgende Unterlagen eingereicht werden:

  • eine ausführliche Falldarstellung ergänzt um einen theoretischen Schwerpunkt oder eine Diskussion der Literatur
  • Nachweis über die eingezahlte Prüfungsgebühr

Die Falldarstellung wird als 3. vorzustellender Fall im kasuistisch-technischen Seminar vorgetragen. Neben den am Seminar beteiligten Ausbildungskandidaten und den beiden Dozenten können vom Ausbildungskandidaten zwei weitere Kontrollanalytiker des Instituts benannt werden, die mit den Dozenten die erfolgreiche Diskussion des Falles beurteilen.“

  1. b) Staatliche Prüfung

Für Kandidaten, die einen Antrag auf Approbation als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut stellen wollen, gilt die Verordnung der §§ 5, 6, 8 des Psychotherapeutengesetzes vom 16.06.98 (BGBl. I, S. 1311). Den Antrag auf Zulassung zur Prüfung stellt der/die Ausbildungskandidat/in im Benehmen mit dem Ausbildungsausschuss KJP bei der zuständigen Behörde (Hessisches Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen in Frankfurt). Einzelheiten dieser Prüfung regeln die §§ 7 mit 18 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (KJPsychTh-AprV), siehe Anlage.

Mindestens ein halbes Jahr vor dem angestrebten Prüfungstermin ist ein Antrag auf Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen an den Ausbildungsausschuss zu richten.

Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:

  • Übersicht über mindestens 6 Behandlungsfälle (mit Angaben über Alter, Geschlecht, Diagnose, Therapieart, Dauer, Anzahl der Behandlungsstunden, Anzahl der Supervisions-stunden, Supervisor)
  • Eine Liste mit vorläufigen Angaben zum Ausbildungsstand (Praktika, Theoriestunden, Behandlungsstunden, Lehranalyse, Kontrollanalyse), die dem Institut zur Erstellung einer Bescheinigung über die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Vorlage beim Landesprüfungsamt (s. Anlage 2 zu § 1 Abs. 4 KJPsychTh-APrV) dient,
  • zwei Falldarstellungen in je 10facher Ausfertigung, die den Verlauf der vom Kandidaten unter Supervision durchgeführten tiefenpsychologisch fundierten Behandlungen eines Kindes oder eines Jugendlichen dokumentieren. Der zur Darstellung kommende Behandlungsprozess muss hier einen kontinuierlichen Zeitraum von mindestens 90 Behandlungsstunden (inklusive der begleitenden Psychotherapie der Beziehungspersonen) umfassen und die theoretische Begründung der Diagnose und den tiefenpsychologisch fundierten Behandlungsprozess nachvollziehbar machen. Die Falldarstellungen sollten einen Umfang von jeweils 20-22 Seiten nicht überschreiten. Der Prüfungsarbeit ist eine Versicherung beizufügen, dass die Arbeit selbständig angefertigt wurde und keine anderen, als die angegebenen Hilfsmittel verwendet wurden.

Mindestens vier Monate vor dem angestrebten Prüfungstermin müssen der/dem Vorsitzenden des Ausbildungsausschusses folgende Unterlagen vorliegen:

  • vier Kurzberichte zu weiteren durchgeführte Behandlungen (die nicht identisch mit den beiden Prüfungsfällen sind)
  • eine vollständig ausgefüllte Bescheinigung über die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen (s.o.)
  • Nachweis zum Psychiatriepraktikum (mind. 1200 Stunden in einem Zeitraum von mindestens einem Jahr)
  • Nachweis zum Psychosomatikpraktikum (mind. 600 Stunden in einem Zeitraum von mindestens einem halben Jahr)
  • Nachweis über die erforderlichen Theoriestunden (mind. 600)
  • Nachweis über mindestens 600 Behandlungsstunden in mindestens 6 verschiedenen Fällen, davon mind. 60 als begleitende Psychotherapie der Beziehungspersonen
  • Nachweis über mindestens 150 Supervisionsstunden (davon mind. 50 in Einzelsitzungen)
  • Bescheinigung über Dauer und Stundenzahl der Selbsterfahrung

Insgesamt müssen mindestens 4200 Ausbildungsstunden nachgewiesen werden.

Nach inhaltlicher Prüfung der eingereichten Falldarstellungen und Feststellung der formalen Voraussetzungen spricht der Ausbildungsausschuss sein Votum zu den Zulassungs-voraussetzungen aus. Sollten diese nicht in allen Punkten erfüllt sein, kann der Antrag zu einem späteren Zeitpunkt erneut gestellt werden.

7. Schweigepflicht

Die Ausbildungsteilnehmer stehen hinsichtlich aller Inhalte, die Patienten betreffen, unter gesetzlicher Schweigepflicht, die auch nach Beendigung der Ausbildung andauert. Die Schweigepflicht wird durch Unterschreiben einer Verpflichtungserklärung anerkannt. Diese Erklärung wird mit der Ausgabe des Studienbuches verschickt und ist binnen vier Wochen dem Leiter des Ausbildungsausschusses zurückzusenden.

8) Berufshaftpflichtversicherung

Die Ausbildungsteilnehmer verpflichten sich, vor Beginn der ersten Anamnesenerhebung eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen

Schlussbemerkung: Es handelt sich bei diesem Papier zum großen Teil um eine Zusammenfassung und Kommentierung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJPsychTh-APrV). Im Zweifelsfall gilt der dort nieder-geschriebene Wortlaut (nachzulesen z.B. unter www.juris.de). Dort offengehaltene Formulierungen sind für die Fachkunden und die hiesigen Bedingungen inhaltlich konkretisiert worden.

Des Weiteren werden die Besonderheiten der Institutsprüfung beschrieben.

Der Ausbildungsausschuss KJP